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(Text und Fotos: Autor)
Den Abschluß dieses Teils meiner Beschäftigung mit der MiG-21 hatte ich mir definitiv anders vorgestellt, schließlich war meine Beziehung zu den rumänischen Luftstreitkräften und ihren MiG-21 eine besondere gewesen. Häufiger als in jedes andere MiG-21-Nutzerland bin ich nach Rumänien gereist - insgesamt 23 Mal. Bei diesen Reisen habe ich gute Freunde und herzliche Gastgeber gefunden. Zudem bin ich rumänischen MiG-21 mehrfach in Deutschland, auf verschiedenen Veranstaltungen und Manövern in Polen, Ungarn, Serbien, Frankreich, Bulgarien, Großbritannien und Österreich sowie nicht zuletzt 2007 beim Baltic Air Policing in Litauen begegnet (die Liste der Ereignisse bis 2021 findet sich im Beitrag zum 60. Einsatzjubiläum der MiG-21 in den rumänischen Luftstreitkräften). Als im Frühjahr 2022 dann die Entscheidung fällt, daß die MiG-21 LanceR nur bis Mai 2023 im Einsatz stehen werden, habe ich mich um erneute Besuchsgenehmigungen für beide verbliebene Basen bemüht und war damit erfolgreich. Während der Besuch in Cāmpia Turzii noch an "alte Zeiten" anknüpfen konnte, warf der Eklat bei der Reise nach Feteşti schon die Schatten voraus, die dann in die Geschehnisse in Cāmpia Turzii im März 2023 münden sollten. Die gute Nachricht zuerst: auch im 30. Jahr in Folge habe ich fliegende MiG-21 gesehen. Allerdings nur gesehen. Am Fotografieren haben mich acht Polizisten / Militärpolizisten / Geheimdienstler? gehindert, die zu diesem Zeitpunkt um mich herum standen. Aber von vorn: am Montag, dem 13. März, hatte ich einen geschäftlichen Termin in Ungarn und da ich davon ausging, daß die MiG-21 in Cāmpia Turzii in dieser Woche fliegen würden und auch das Wetter zumindest am Dienstag passen sollte, entschloß ich mich zu einem Ausflug nach Rumänien. Da ich zuvor auf meine Bitte um eine Besuchserlaubnis für Cāmpia Turzii nur die Antwort erhalten hatte, daß ich benachrichtigt würde, wann die Abschiedsfeier stattfindet, war klar, daß es keine Besuchsmöglichkeit davor mehr geben würde. Am späten Montagabend komme ich nach störungsfreier Fahrt in meinem Hotel in Turda an und nach einer Nacht mit nur wenig Schlaf (es fällt mir nach langen Fahrten zunehmend schwerer, einigermaßen zu schlafen) fahre ich am nächsten Morgen von Turda nach Călărași-Gară auf der Ostseite der Basis. Mein Auto stelle ich mitten im Ort ab, lade mein Klappfahrrad aus und fahre dann zunächst zu beiden Enden des Platzes, um nach einer Fotoposition Ausschau zu halten. Dabei trage ich eine Warnweste. Später habe ich die abgelegt, was wahrscheinlich ein Fehler war, wie noch zu sehen ist. Entlang der gesamten Ostseite wird aktuell gebaut und außerdem waren die Rumänen schon beim letzten Besuch außerordentlich empfindlich bezüglich Fotos von Infrastruktur, so daß eigentlich nur Stellen am Nord- und Südende der Bahn übrigbleiben. Erschwerend kommt hinzu, daß an diesem Tag Südwind herrscht, was möglicherweise zu Änderung der Flugrichtung führen würde (i.d.R. wird von Süden angeflogen). Auf der Nordseite schlängelt sich die Straße von Cāmpia Turzii nach Călărași-Gară um den Platz. Auf einer Fläche am Rande dieser Straße sind Vermessungsarbeiten im Gange, so daß ich nicht allein sein würde. Außerdem startet gerade eine An-26 in Richtung Süden, so daß wahrscheinlich auch die MiGs in diese Richtung fliegen werden (wobei beim letzten Besuch MiGs und eine C-130 entgegengesetzt starteten). Also zurück in den Ort. 13 Uhr sollte der Flugdienst starten, aber bereits gegen 12.30 Uhr donnert ein Nachbrenner und ganz offensichtlich startet eine Maschine Richtung Norden. Also schnappe ich mein Fahrrad und fahre über einen Feldweg auf eine Wiese am südlichen Ende des Platzes in Höhe der Anflugbefeuerung, setze mich an den Fuß eines kleinen Hügels dort und harre der Dinge, die da kommen sollen. Das Wetter ist zu diesem Zeitpunkt schlechter als angesagt, zeigt aber deutliche Anzeichen der Besserung. Die erneut nach Süden startende An-26 sowie zwei nach Norden fliegende Hubschrauber benutze ich für Probeaufnahmen.
Dann beginnt das Warten auf die MiG-21. Kurze Zeit später fährt ein Dacia der Militärpolizei den Weg rund um die Bahn in Richtung des Tors auf der Westseite und ein paar Minuten später sehe ich ihn über den Feldweg auf mich zukommen. Da sein "Besuch" ganz offensichtlich mir gilt, gehe ich ihm entgegen. Unmittelbar nach dem Auto der Militärpolizei folgt noch ein ziviler Dacia. Aus dem ersten Auto steigen ein Uniformierter und ein Zivilist, aus dem zweiten zwei Zivilisten. An die genaue Diskussion danach kann ich mich nicht mehr erinnern. Jedenfalls habe ich erklärt, daß ich hier Flugzeuge fotografiere, natürlich nur in der Luft und nicht die Basis. Gleichzeitig beginnen zwei der Typen in Zivil, meinen vorherigen Standplatz abzusuchen und fragen mich, ob ich Begleiter hätte, was ich wahrheitsgemäß verneine. Irgendwann wollen sie auch meine Ausrüstung sehen und ich zeige Ihnen auch meine Bilder. Sie erklären, daß sie mich an die Polizei übergeben werden, die mich dann zur weiteren Untersuchung nach Turda bringen wird. In der Zwischenzeit ist die Sonne herausgekommen. Die vorhin nach Norden gestartete MiG-21 landet Richtung Süden, so daß ich sie gar nicht in der Luft sehe, aber dann starten ein Doppel- und zwei Einsitzer Richtung Süden und ich kann wenigstens zuschauen (hätte ich mich getraut, jetzt ein paar Bilder zu machen, gäbe es wenigsten ein paar MiG-Fotos von der Aktion, aber zumindest hatte ich die MiGs ja gesehen). Wir sind auch noch vor Ort, als die beiden Einsitzer zurückkommen, im Paar über die Bahn fliegen und dann einzeln landen. Irgendwann kommen ein und dann noch ein Polizeiauto und nach und nach erkläre ich allen mittlerweile 8 (!) Umstehenden, warum ich da bin, daß ich schon ganz oft vor Ort war, warum mich nur die MiG-21 interessiert usw. An der Situation ändert das nichts und keiner macht Anstalten zu akzeptierten, daß ich keine bösen Absichten hatte. Nach anderthalb Stunden heißt es dann: wir gehen zum Auto und fahren nach Turda. Ich schiebe mein Fahrrad, links und rechts begleitet von Polizei, gefolgt von vier Autos und unter den neugierigen Blicken der Anwohner. Ich öffne mein Auto und es wird kurz durchsucht. Im Auto habe ich zwei meiner Bücher, die ich den Bewachern zeige, was deren Sicht auf mein Tun offensichtlich nicht verändert. Dann fahre ich mit zwei Polizisten an Bord, je einem Polizeiauto vor und nach mir sowie mindestens einem der anderen Autos im Schlepptau nach Turda. Mein Auto muß ich auf dem Hof der Polizeistation parken und werde dann ins Gebäude geführt. Meine Fotoausrüstung habe ich dabei. Der Weg führt vorbei an den Arrestzellen im Keller, die nicht sehr einladend aussehen. Auf dem Flur vor einigen Büro soll ich zunächst platznehmen. Nach einigem Palaver werde ich angewiesen, meine Taschen zu leeren und alles was ich bei mir habe, wird protokolliert und fotografiert. Wenn ich alles sage, meine ich alles: jeder Geldschein, jede Karte, selbst die Bäcker-Rabattmarken im Portemonnaie und die Brillenputztücher in der Hosentasche werden akribisch notiert und von vorn und von hinten fotografiert. Der das macht ist offensichtlich von der Forensik, trägt Handschuhe und legt neben jeden Gegenstand ein oder gleich zwei Maßbänder. Ungefähr zwei Stunden dauert das Ganze und ich kalkuliere für mich, daß es ja noch klappen könnte, ein oder zwei Maschinen im letzten Abendlicht aufzunehmen. Da hatte ich noch keine Ahnung, wie ich mich irren sollte... Zu den beschlagnahmten Gegenständen gehört auch mein Handy, bei dem sogar die SIM-Karte herausgeholt und einzeln fotografiert und dokumentiert wird. Benachrichtigen kann ich also niemanden mehr. Nachdem alles dokumentiert ist, wird es in Kuverts, Beutel und Säcke gepackt, mit Etiketten versehen und versiegelt. Dann wird mir erklärt, "besser zu diesem Zweck (welcher das sein sollte, war unklar) ausgebildete Beamte aus Cluj" würden die Sache übernehmen. Nach einiger Zeit erscheinen zwei Zivilisten, einer davon sichtbar bewaffnet. Da ihre Herkunft unklar ist, fordere ich, daß sie sich ausweisen und der eine zeigt mit einen Ausweis der Polizeispezialeinheit zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität und des Terrorismus! Der andere Kollege sei ein Forensiker. Der beginnt just dann, die eben versiegelten Pakete wieder zu öffnen und zu durchsuchen. Da wird mir klar, daß das Ganze so schnell nicht zu Ende gehen wird und ich verlange, meine Familie und / oder die Botschaft anrufen zu dürfen. Die Antwort lautet: wenn die Untersuchung abgeschlossen sei und der Staatsanwalt zugestimmt hat. Das solle aber nicht sehr lange dauern. Es dauert aber, die Zeit vergeht und mittlerweile ist es dunkel. Auf meine Frage, wie es weitergehe, heißt die Antwort: wir warten auf den Durchsuchungsbeschluß für mein Hotelzimmer. Irgendwann kommt der (es ist schon ca. 20 Uhr) und als wir das Gebäude Richtung Auto verlassen, verlange ich nochmals einen Anruf nach Hause und weigere mich, das Gebäude davon zu verlassen. Man droht mir eine gewaltsame Verfrachtung ins Auto an, verspricht mir aber gleichzeitig, daß ich nach Eintreffen meines Anwalts (! - vom Staat gestellt) und eines Dolmetschers im Hotel telefonieren könnte. Im Hotel erschreckt die geballte Polizeipräsenz das Rezeptionspersonal, das dann gleich aufgefordert wird, als Zeuge bei der Durchsuchung anwesend zu sein. So hocken dann in meinem Hotelzimmer zunächst vier Polizisten und ich, während Hotelpersonal und weitere Polizisten auf dem Flur verharren, bis dann ca. nach einer weiteren Stunde endlich Dolmetscher und Verteidiger eintreffen. Beide machen sich zunächst mit den Dokumenten vertraut. Auf meine erneute Frage nach einem Telefonat nach Hause wird mir mitgeteilt, daß man mir diese in Fällen von "Verstößen gegen die nationale Sicherheit" (auch fällt wohl hier zum ersten Mal das Wort "Spionage") verweigern könnte und man das hier tun würde. Laut Anwalt ist das korrekt. Langsam beginne ich, "am Rad zu drehen". Ich weiß, daß meine Frau sich Sorgen machen wird (sie hat seit dem Morgen nichts von mir gehört) und daß die Tatsache, daß mein Handy aus ist, ganz gewiß nicht zu ihrer Beruhigung beitragen wird. Dann beginnt die Durchsuchung des Zimmers und ich hoffe, daß niemand vor mir etwas Belastendes zurückgelassen hat. Mein Notebook (das ich ja nicht mit am Flugplatz hatte und das demzufolge nichts Verbotenes enthalten kann) wird genauso beschlagnahmt wie mein Backup-Laufwerk. Auf beiden befinden sich sowohl Daten meiner Arbeit als auch meine gesammelten Bilder! Nach jeder Untersuchung, egal ob persönliche Gegenstände, Zimmer, dann Auto und technische Geräte, wird minutiös ein Protokoll - oft handschriftlich - angefertigt, das ich unterschreiben soll, was ich jedesmal verweigere, weil ich den rumänischen Wortlaut nicht lesen kann. Irgendwann ist die Untersuchung vorbei und ich werde aufgefordert, mein Gepäck zusammenzupacken, da ich nicht wieder hierherkäme. Da ist mir dann schon ziemlich mulmig. Als wir das Hotel verlassen, sage ich der Angestellten, daß ich mich bezüglich der Rechnung melde. Euro und Kreditkarten sind beschlagnahmt, das wenige rumänische Geld, das man mir zurückgegeben hat, damit ich mir bei Bedarf etwas zu essen kaufen kann, reicht nicht. Ich kann also nicht zahlen. Es geht zurück zur Polizeistation und dort wird mein Auto durchsucht - wesentlich weniger genau als das Hotelzimmer. Eingezogen werden nur die SD-Karten von Navi und Radio. Es ist jetzt 22 Uhr oder später. Mir ist kalt, ich zittere und ich will nur noch weg. Mein Gepäck soll ich im Auto lassen. Mitgenommen werden nur die verpackten und gekennzeichneten "Beweismittel". Mit dem Auto der Polizisten aus Cluj, das mich zuvor schon zum Hotel gebracht hatte (den wesentlichen Teil der Fahrt mit Blaulicht und Sirene), geht es jetzt nach Cluj. Da der Fahrer (der Forensiker) schon zuvor wie der Henker durch Turda gerast war, verlange ich kategorisch einen funktionierenden Sicherheitsgurt (bisher war da keiner) und nach einigem Palaver werden die Gurte hinter und die Schlösser unter der Rückbank hervorgeholt. Auf der Fahrt nach Cluj versuche ich, ein wenig zu schlafen - aussichtslos angesichts des ruppigen Fahrstils. Jedenfalls kommen wir sehr zügig nach Cluj und biegen in einer Seitenstraße in einen vergitterten Hof ein - wir sind beim Direktorat zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens und des Terrorismus angekommen! Man merke sich die Abkürzung D.I.I.C.O.T. In einem engen Flur sitzt der Wachhabende und wir sitzen auf den Stühlen daneben. Der Fernseher läuft und es wird über den "Abschuß" einer amerikanischen Drohne durch russische Su-27 berichtet - soviel kann ich den rumänischen Untertiteln entnehmen. Ein Zusammenhang mit dem, was mit mir geschieht, kommt mir nicht in den Sinn. Wahrscheinlich bin ich nach 12 Stunden in den Händen dieser Leute einfach zu fertig. Die mich begleitenden Polizisten und auch die zwei Zivilisten ganz vom Anfang, die sich nie vorgestellt haben, verschwinden in einem Zimmer und kommen erst nach einiger Zeit wieder heraus. Ich höre, daß der Staatsanwalt meine Festsetzung für weitere 8 (!) Stunden angeordnet hätte. Dolmetscher und Anwalt erklären mir, daß ich in Kürze vom Staatsanwalt befragt würde. Ich solle nur auf Fragen antworten, wenn mich das nicht belaste, gleichzeitig aber selbst alles hinterfragen. Dazu hätte ich das Recht. Es ist kurz nach 1 Uhr, als wir - Dolmetscher, Anwalt und ich - in das Büro das Staatsanwalts geführt werden. Wie alle rumänischen Büros, die ich an diesem Tag gesehen habe, ist es häßlich, unpersönlich, kahl. Der Staatsanwalt ist ca. Mitte, Ende 30, ungepflegt mit bekleckertem Pullover und wirkt nicht sehr souverän - keine gute Ausgangssituation. Er trägt mir die Vorwürfe vor - Spionage! - und dann werde ich aufgefordert, dazu Stellung zu nehmen. Ich weise die Vorwürfe von mir, erkläre in aller Deutlichkeit mein Hobby, verweise auf Buch, Zeitschriftenbeiträge und Website. Außerdem betone ich immer wieder, daß ich nie die Basis fotografiert habe, weil ich ja um deren Sensitivität wüßte. Danach beginnt ein Frage- und Antwortspiel, das ca. 2 Stunden dauert. Der Staatsanwalt stellt eine Frage auf Rumänisch, der Dolmetscher übersetzt ins Englische, ich antworte, der der Dolmetscher übersetzt ins Rumänische und der Staatsanwalt tippt mit maximal vier Fingern. Dankenswerterweise achtet der Dolmetscher darauf, daß mein Wortlaut exakt wiedergegeben wird und kann sich auch längere Passagen gut merken. Zunächst soll ich meinen Werdegang kurz darstellen - Berufsausbildung, Wehrdienst, Studium, Arbeit, Hobby. Von den Fragen fallen mir nur noch einige ein: Warum ich mit dem Fahrrad und nicht mit dem Auto an die Basis herangefahren sei? Weil ich bei den Feldwegen ich Angst um mein relativ neues Auto habe. Warum ich ein Fahrrad dabei habe? Habe ich immer dabei auf Reisen, extra deshalb ist es ein Klappfahrrad. Warum ich mich auf der Wiese versteckt hätte? Habe ich nicht. Ich habe mich einfach hingesetzt, um nicht stundenlang beim Warten auf die Flugzeuge stehen zu müssen. Ob ich Militärdienst geleistet hätte? Ja in der DDR, als Flugzeugtechniker, weswegen ich ja dieses Hobby habe. Ob ich für Geheimdienste gearbeitet hätte oder noch arbeiten würde. Nein. Wie ich zu EU und NATO stehen würde. Irrelevant. Wie ich zu Ukraine und Rußland stehen würde. Irrelevant. In beiden Ländern war ich schon, in Rußland vor 20 Jahren. Ob ich Russisch sprechen würde. Nicht wirklich. Wo ich überall in der Welt in Sachen Luftfahrt schon gewesen sei? Die europäischen und asiatischen Länder habe ich aufgezählt und nicht vergessen zu erwähnen, daß die chinesischen Einreisestempel in meinem Paß, die die Ermittler so interessiert betrachtet hatten, von einer ganz öffentlichen und online dokumentieren Reise nach Nordkorea stammen. Wie ich diese Reisen finanziere? Damit, daß ich gut verdiene (ich muß auch eine Zahl nennen). Ob mich jemand für Informationen bezahle oder mir Anweisungen gegeben hätte, was ich mir anschauen solle? Das, was ich mir anschaue, interessiert keinen mehr und niemand würde dafür Geld ausgeben, außer vielleicht die 30 EUR für mein Buch. Warum ich denn wieder nach Rumänien gekommen wäre, obwohl meine letzte Besuchsanfrage abgelehnt wurde? Diese wurde nicht abgelehnt, es wurde mir lediglich mitgeteilt, daß ich zu gegebener Zeit zum MiG-21-Abschied eingeladen würde. Da die MiG-21 nur noch zwei Monate fliegen werden und ich gerade in der Nähe - nämlich in Ungarn - war, habe ich die Gelegenheit genutzt. Wen ich in den rumänischen Luftstreitkräften kennen würde? Ich zähle einige der hochrangigen Kontakte auf und erwähne nur summarisch den Kontakt mit Dutzenden Piloten, Techniker, Presseoffiziere ... Ich protestiere nochmals dagegen, daß ich weder zu Hause noch bei der Botschaft anrufen durfte. Zu gegebener Zeit dürfte ich das. Wann das sei? Nach Abschluß der Untersuchung. Diese Diskussion gab es so oder so ähnlich bestimmt ein dutzendmal während meiner Odyssee durch die rumänische Strafverfolgung. Ca. 3.30 Uhr ist die Befragung zu Ende. Ich habe seit ca. 20 Stunden nicht geschlafen, nichts gegessen (ich hatte keinen Hunger, auch wenn mir zwischenzeitlich etwas angeboten wurde) und nur wenig getrunken. Es sollte noch immer nicht vorbei sein, denn jetzt würden meine technischen Geräte und Speichermedien untersucht. Dolmetscher, Anwalt und ich begeben uns in den Keller, wo eine Anzahl von Schreibtischen mit Rechnern, Server und großer Speicher stehen. Ein jüngerer Zivilist beginnt, meine Geräte aus den Tüten zu holen und zu untersuchen. Dolmetscher und Anwalt schauen ihm über die Schulter. Ein bewaffneter Zivilpolizist schläft an einem anderen Schreibtisch. Ich kann nicht mehr, kann auch nichts beitragen und tue es ihm nach. Etwa 7.30 Uhr wache ich wieder auf. Der Techniker ist noch nicht fertig. Das Notebook (und damit das kritischste Gerät) steht noch aus. Da sich niemand um mich kümmert, gelingt mir endlich unter Nutzung des Handys meines Anwalts, meine Frau zu kontaktieren: "Es geht mir gut. Melde mich später." Meine Frau, vor Sorge ganz krank, schreibt zurück: "Bin so froh, wollte schon zur Polizei". Antwort: "Da bin ich, leider bei der rumänischen". Wenigstens muß ich mir jetzt keine Gedanken mehr um die Ängste meiner Frau machen. Dann ist auch die Untersuchung der Geräte beendet. Dolmetscher und Anwalt berichten mir, daß im Bericht "nichts gefunden" steht. Und dann gleich die nächste Hiobsbotschaft. Die Geräte sind nicht freigegeben, werden wieder verpackt und umständlich (wie immer und immer wieder in den letzten Stunden) per Hand beschriftet und versiegelt. Der Staatsanwalt aus der Nacht sei nicht mehr im Hause, seine jetzt zuständige Kollegin noch nicht da und die müsse die Geräte freigeben. Wann sie kommt? Weiß keiner. Wir gehen vor die Tür. Draußen ist es kalt und ich zittere. Trotzdem schön, nicht mehr "eingesperrt" und streng überwacht zu sein. Paß, Ausweis und Autoschlüssel hatte ich in der Nacht schon zurückerhalten, zusammen mit meinem rumänischen Geld. Portemonnaie, Kreditkarten, Handy - alles was ich für die Heimfahrt brauche, sind aber noch in den Händen der Behörden. Ich nutze die Gelegenheit, die deutsche Botschaft in Bukarest anzurufen. In der Nacht wäre das nicht einmal möglich gewesen, da das Notfalltelefon zwischen Mitternacht und - wenn ich mich recht erinnere - 7.30 Uhr nicht besetzt ist. Schließlich passieren in dieser Zeit ja keine Notfälle ... Ich erreiche die Botschaft, schildere meine Situation, werde mehrfach weitergereicht, lande schließlich bei einer rumänischen Juristin im Dienst der Botschaft, die mir mitteilt, daß die Botschaft nicht in laufende Verfahren eingreifen dürfe, aber zumindest könnte man meine Angehörigen benachrichtigen. Zum Glück habe ich das schon selbst tun können. Nicht auszudenken der Schreck, wenn die deutsche Botschaft aus dem Land anruft, in dem sich der Vermißte gerade befindet. Zumindest hinterlasse ich meine Daten bei der Botschaft und erhalte die Versicherung, man behielte die Sache im Auge. Während ich telefoniere, kommt die Nachricht: die Geräte sind freigegeben. Zuvor hatte ich schon darüber nachgedacht, das Land auch ohne diese zu verlassen, aber so ist es natürlich viel besser. Zurück im Keller werden die versiegelten Pakete aufgerissen, ich muß den Erhalt und Vollständigkeit (die mir weitgehend egal ist, nachdem ich die wichtigsten Dinge erhalten habe) bestätigen. Ich tausche mit Dolmetscher und Anwalt die Kontaktdaten. Letzterer, Sohn eines früheren Luftwaffen- und heutigen Zivilpiloten erhält als Dankeschön für seinen nächtlichen Beistand ein Exemplar meines Buchs. Dem Dolmetscher verspreche ich, ihm eines von zu Hause zu schicken. Beide gehen zu ihren nächsten Fällen, obwohl sie in der Nacht noch weniger geschlafen haben als ich. Ich verabschiede mich und danke ihnen herzlich. Mit dem Zivilpolizisten, der im Keller geschlafen hatte, warte ich vor der Tür des Gebäudes auf das finale Ok und dann fährt er mich zurück zu meinem Auto, das immer noch bei der Polizei in Turda steht. Auf der Fahrt unterhalten wir uns über Familie, Arbeit, alles ganz zivil und freundlich. Überhaupt war es die meiste Zeit zivil und freundlich zugegangen - schön war es trotzdem nicht. In Turda angekommen, klärt mein Begleiter schnell die Herausgabe des Autos, ich verabschiede mich, werfe den Rucksack mit Notebook und Kameras in den Beifahrerfußraum und fahre los. Ich bin so müde, daß ich die Strecke ganz sicher nicht in einem Ritt schaffen werde, aber ich will raus aus Rumänien. Zwischendurch muß ich tanken und kaufe mir etwas zu essen. Nach rund drei Stunden Fahrt stehe ich am Autobahngrenzübergang bei Arad. Nach fünf, zehn Minuten Wartezeit bin ich dran. Kurzer Blick in meinen Ausweis, keine weitere Prüfung und ich kann fahren. Die Anspannung fällt von mir ab, der Sturm schüttelt mein Auto, Regen prasselt auf das Autodach und ich weiß, daß ich jetzt nicht mehr weit fahren kann. Am nächsten, weitgehend leeren Rastplatz halte ich an, klappe die Rückenlehne zurück und bin nach ein paar Minuten eingeschlafen. Etwas erfrischt, aber noch immer todmüde, fahre ich weiter. Einmal tanke ich noch in Österreich, schon in Deutschland angekommen schlafe ich nochmals und genau um Mitternacht nach 1500 Kilometern und knapp 12 Stunden bin ich wieder zu Hause und sicher, daß ich nie wieder nach Rumänien fahren werde.
Der Vorsatz hält allerdings nur einige Wochen und bröckelt mit jedem Tag, den der angekündigte Endtermin am 15. Mai näherrückt. Zudem hatte die Pressestelle der rumänischen Luftstreitkräfte ja angekündigt, daß ich zu gegebener Zeit über eine Abschlußveranstaltung benachrichtigt würde. Angesichts des letzten Geschehens habe ich aber meine Zweifel, ob das immer noch gelten würde. Zurecht, wie sich herausstellt. Von Kontakten in Rumänien weiß ich, daß der Abschiedstermin steht und zu diesem Anlaß Veranstaltungen in Cāmpia Turzii, Feteşti und Bacău, wohin die MiGs überführt werden sollen, geplant sind. Zwei Wochen vor dem Termin endet meine Geduld und ich frage per E-Mail bei der Pressestelle nach Informationen zum Termin. Antwort: keine. Gleichzeitig erfahre ich von verschiedenen Seiten, daß die rumänischen Luftstreitkräfte Informationen zur Veranstaltung bis spätestens eine Woche vor dem Termin in Aussicht stellen. Es besteht also noch Hoffnung. Der 8. Mai, der Tag, für den die Informationen zur Veranstaltung angekündigt worden waren, geht vorbei, ohne daß ich aus Bukarest oder sonstwoher irgendwelche Nachrichten bekomme. Am Morgen des 9. Mai kontaktiere ich per WhatsApp meinen bisherigen Ansprechpartner in Bukarest. Antwort: keine. Als am Abend des 9. Mai schließlich auf der Website der rumänischen Luftstreitkräfte die Veranstaltungen für Cāmpia Turzii, Feteşti und Bacău für Montag, den 15. Mai angekündigt und Pressevertreter zur Anmeldung eingeladen werden, zögere ich keinen Moment und sende Anfragen sowohl für Cāmpia Turzii, womit mich die meisten Erinnerungen verbinden, als auch für Bacău, wo dann wirklich der allerletzte Akt stattfinden soll (und wo es als "Notfalloption" auch eine öffentliche Veranstaltung geben wird). Antworten: keine. Egal. Da ich mangels Antwort aus Cāmpia Turzii jetzt sicher davon ausgehe, dort nicht willkommen zu sein, bin ich mittlerweile fest entschlossen, nach Bacău zu fahren. Angesichts der öffentlichen Veranstaltung, aber auch, weil es sich um einen Flughafen in Stadtnähe mit militärisch-ziviler Mischnutzung handelt, rechne ich mir dort die größten Chancen aus, in jedem Fall und ohne großes Risiko in irgendeiner Form Augenzeuge des Geschehens werden zu können. Und ich plane, mit dem Auto dorthin zu fahren, um im Falle einer möglichen Abweisung an der Grenze nicht auf einem rumänischen Flughafen zu stranden. Außerdem ist die Fahrt quer durchs Land eine schöne Gelegenheit, von dem Land, das ich bereist habe wie kein anderes außerhalb Deutschlands, Abschied zu nehmen. Auch wenn ich schließlich sicher bin, daß die öffentliche Veranstaltung meine einzige Chance ist, will ich Gewißheit haben. Am Freitag vor dem Termin kontaktiere ich die Presseoffizierin in Bacău. Ans Telefon geht niemand, also versuche ich es per WhatsApp. Tatsächlich kommt gut eine Stunde später eine Antwort: ich solle meine Anfrage an die Basis (was ich ja schon getan hatte) und an die Adresse der Pressestelle in Bukarest (was ganz sicher kein gutes Omen ist) senden. Ich tue, wie mir geheißen und ein Stunde später kommt die erwartete Antwort: "Tut uns leid, die Akkreditierung wurde nicht bestätigt". Damit ist klar: es bleibt nur die Option, als ganz normaler Besucher auf die Veranstaltung zu gehen und ich werde alles daran setzen, mich nicht zu erkennen zu geben. Da ich also immer noch persona non grata in Rumänien bin, frage ich bei meinem rumänischen Pflichtanwalt vom März nach, ob ich denn bei der erneuten Einreise Probleme zu erwarten hätte. Antwort: keine. Am Samstag, dem 13. Mai rolle ich morgens in Thüringen los mit dem Ziel, noch am gleichen Tag die rumänische Grenze zu überqueren und also zumindest in der Frage, ob ich einreisen darf oder nicht, Gewißheit zu haben. Am späten Nachmittag, ich bin bereits im tiefsten Ungarn, erhalte ich eine Nachricht von der Pressestelle in Cāmpia Turzii. "Ihre Akkreditierung wurde auf Grund des Vorfalls im März abgewiesen." Das ist das erste Mal, daß jemand Klartext spricht!. Weiterhin heißt es wörtlich: "da die Verfahrensweisen hinsichtlich Fotografieren und Zutritt zur Basis nicht eingehalten wurden, ist eine Teilnahme an diesem Ereignis nicht möglich. Haben Sie einen schönen Abend!". Den hatte ich dann ganz sicher nicht. Jedenfalls ist jetzt klar, daß es zu Bacău keine Alternative gibt. Mit bangem Erwarten rolle ich auf die Grenze zu. Nach wenigen Minuten bin ich dran, kurzer Blick in meinen Ausweis und ich bin in Rumänien. Bis dahin ist also alles gutgegangen. Ich halte kurz an, buche ein Hotel in Arad (wo ich zuvor noch nie gewesen war), mache dort einen kurzen Spaziergang durch die Stadt und schlafe dann einigermaßen. Am nächsten Morgen geht es weiter nach Bacău. Bis Sibiu fahre ich entspannt auf der Autobahn. Dann geht es weiter auf der Landstraße. Gut fünf Stunden für rund 300 Kilometer kündigt das Navi an und Erinnerungen an 20 Jahre zurückliegende wilde Heizereien auf rumänischen Pisten werden wach. Aber es ist Sonntag und auch in Rumänien sind an diesem Tag vor allem Sonntagsfahrer unterwegs. Die Fahrt zieht sich hin und nur die schöne Landschaft entschädigt für die Zuckelei. Gegen 17 Uhr Ortszeit rolle ich nach Bacău hinein. Und dort empfängt mich ein MiG-21-Monument, das ich zwar schon auf Bildern, aber noch nie in der Realität gesehen hatte. Also halte ich an und mache ein paar Fotos - nicht nur zur Dokumentation, sondern weil es sich auf den letzten Reisen nach Kroatien als gutes Omen erwiesen hatte, vor dem eigentlichen Termin eine "Sockel-MiG" zu besuchen J. Bevor ich ins Hotel fahre, begebe ich mich auf die Suche nach möglichen Fotostandorten außerhalb des Flugplatzes, denn ich vertraue keinesfalls darauf, am nächsten Tag auch wirklich eingelassen zu werden. Auch schaue ich schon einmal nach einem Parkplatz in der Nähe des Eingangs zur Basis, aber auch in genügender Entfernung, um im Falle einer Abweisung nicht im Anfahrtsstau steckenzubleiben und rechtzeitig einen Alternativstandort zu erreichen. So ganz zufrieden bin ich mit meinen Erkundungen nicht, aber angesichts einer anstrengenden Fahrt beschließe ich, die weitere Erkundung auf den nächsten Tag zu verschieben. Ich checke im Hotel ein und mache dann einen Spaziergang durch die Innenstadt. Schließlich entdecke ich ein Freiluftlokal im Stadtpark und lasse den Abend entspannt ausklingen. Dann ist der Tag der Entscheidung gekommen. Nach einer kurzen und unruhigen Nacht starte ich zu weiteren Erkundungen. Zuvor hatte ich meine rumänischen Kontakte gefragt, wann denn die MiG-21 landen sollen. 12.52 Uhr lautet die Antwort aus Cāmpia Turzii, 13.00 Uhr die aus Feteşti. Nicht viel Zeit also für eine Alternativvariante, falls mir um 12.00 Uhr der Einlaß zur Basis verweigert würde. Ein starker Südwind erspart mir zumindest, Alternativen für beide Anflugrichtungen zu suchen. Auf Satellitenbildern hatte ich einen Friedhof auf der Westseite des Flugplatzes entdeckt, den ich nun anfahre. Während der Friedhof selbst sich nicht als der rechte Platz erweist (u.a. ist daneben eine militärische Radarstellung), findet sich auf dem Weg dorthin ein erhöhter Standort mit guter Sicht auf das gesamte Flughafenareal. Nach dieser Entdeckung mache ich mich auf den Weg zur Basis. Die im Internet angegebene Adresse der Basis liegt einige Hundert Meter entfernt vom ausgeschildeten Eingang. Weil sich am vermeintlichen Eingang auch ein Tor befindet, ist also unklar, wo dann wirklich der Einlaß erfolgt und ich suche einige Zeit nach einem Standplatz für mein Auto, der sich von beiden Orten schnell zu Fuß erreichen läßt. Schließlich ist er mit einem unbebauten Grundstück, auf dem auch andere Autos parken, gefunden. Bis zum Einlaß ist noch eine Menge Zeit und ich schlendere zu beiden Toren, ohne daß zu erkennen wäre, wo es nur wirklich hinein geht. Ich gehe zurück zum Auto, warte einige Zeit und wiederhole die Aktion. Jetzt, nur noch eine knappe Stunde vor Eröffnung sammeln sich zahlreiche Menschen vor dem Haupteingang der Basis. Also ist hier der Eingang. Ich nutze die Gelegenheit für einige Handybilder vom MiG-21-Monument am Eingang der Basis, gleich neben einer kleinen Kirche. Die sich am Eingang versammeln, sind zumeist älter und kennen einander - ganz offensichtlich entweder Veteranen der Luftstreitkräfte oder von AEROSTAR, wo seit 1968 MiG-21 instandgesetzt werden. Autos mit hochrangigen Offizieren rollen heran. Pressevertreter und Spotter, die - anders als ich - zur Veranstaltung zugelassen wurden, werden registriert und erhalten ihre Ausweise. Nur ein bekanntes Gesicht sehe ich - Viorel Bilu, den früheren Werkspiloten, der bei meinem letzten Besuch bei AEROSTAR 2013 die mosambikanische MiG-21 eingeflogen hatte.
Kurz vor 12 Uhr kommt Bewegung in die Menge und die "normalen" Besucher strömen zum Eingang. Allerdings öffnet sich nicht der Schlagbaum, sondern alle müssen einzeln durch einen schmalen Eingang, wobei ihr Ausweis kontrolliert wird. Kein gutes Zeichen! Neben mir in der Schlange steht ein junger Mann mit asiatischen Zügen. Ich lasse ihn vor, um zu sehen, was passiert. Er wird vom Torposten nicht durchgelassen und zu einem Kollegen am Wachgebäude verwiesen. Genauso geht es mir und einem Italiener, der nach mir kommt. Wir werden beschieden, daß Ausländer keinen Zutritt erhalten. Ich verweise auf die englischsprachige Mitteilung auf der Website der Luftstreitkräfte, nach der alle Luftfahrtenthusiasten willkommen seien. Dies ist eine rumänische Basis und hier dürfen nur Rumänen hinein, wird uns klargemacht. Enttäuschung macht sich breit, nur etwas dadurch relativiert, daß ich nicht der einzige Betroffene bin. Jetzt muß Plan B greifen. Ich mache mich zügig auf den Rückweg, vorbei an den immer noch eintreffenden Besuchern, neben mir der junge Mann aus Asien. Im Gespräch kommt unglaubliches zutage: mein Begleiter, südkoreanischer Student der internationalen Politik mit Studienort Moskau (!), ist Anfang dieses Jahres genau wie ich in Cāmpia Turzii beim Fotografieren nahe der Basis verhaftet worden. Wie ich, wird er erst nach Turda und dann nach Cluj gebracht und verhört. Doch da enden die Gemeinsamkeiten. Er wird in Handschellen nach Bukarest verfrachtet, dort zunächst ins Gefängnis gesperrt und darf auch nach seiner Entlassung das Land zwei Monate lang nicht verlassen. Da hatte ich mit meinen 23 Stunden Zwangsaufenthalt ja richtig Glück gehabt. Ich bewundere seinen Mut, nach dieser Erfahrung nochmals zurückzukommen. Aber er will unbedingt die rumänischen MiG-21 sehen. Da er mit öffentlichen Verkehrsmitteln angereist ist, biete ich ihm an, mit mir zu meinem Alternativstandort zu kommen. Gemeinsam fahren wir zum Hügel auf der Westseite des Platzes und nehmen eine Position an einem Feldrand oberhalb der Straße ein. Jetzt heißt es Warten. Während wir Erlebnisse austauschen, geht der Blick immer wieder besorgt zur Straße. Bisher keine Polizei in Sicht, aber immer wieder Autos, die anhalten und Insassen, die uns neugierig anschauen. Dann kommt jemand auf uns zu, glücklicherweise mit Kamera und Objektiv. Es ist ein Spotter aus Bacău, der zu spät gekommen ist, um angesichts des Besucherandrangs an der Basis noch rechtzeitig vor Ort zu sein und deshalb auf die andere Seite gefahren ist. Er versichert uns, daß seitens der Polizei keine Gefahr drohe. Wir sind nicht überzeugt und sehen uns weiterhin besorgt um. Die angekündigte Ankunftszeit ist längst vorbei und die Unruhe wird größer. Auch frischt der Wind immer mehr auf, während sich langsam Dunst vor die Sonne schiebt. Mir ist hundekalt. Endlich sind am Horizont drei der bekannten Silhouetten zu sehen, die sich schnell nähern. Sie fliegen ins Bild, Dauerfeuer und dann steigt die Kamera mit einem Fehler aus! Eigentlich dachte ich, der Fehler sei behoben. Ausschalten, Einschalten. Hoffentlich hält die Kamera durch. Im Sucher hatte ich gesehen, daß die ersten Maschinen die aus Cāmpia Turzii waren. Schon nähern sich die nächsten drei, diesmal aus Feteşti. Wie ihre Vorgänger überfliegen sie den Platz und lösen die Formation auf. Dann kommen alle sechs Maschinen einzeln zur Landung. Ich versuche, bis zum Aufsetzen dranzubleiben. Immer wieder Kameraaussetzer. Kamerawechsel und wieder zurück. Dennoch: wie mein Bildbericht aus Bacău zeigt, sollte ich am Ende von jeder Maschine mindestens ein Bild haben.
Und war es das nun? Wir bleiben unschlüssig an unserer Position und tatsächlich - nach einiger Zeit starten nochmals drei Maschinen. Drei Hubschrauber kreisen, einer davon mit Flagge, und auch zwei Sportflugzeuge sind über dem Platz. Kommen die MiGs nochmals? Ein weiterer Rumäne gesellt sich zu uns. Das Kennzeichen seines Autos endet auf MIG21 und im Gespräch stellt sich heraus, es ist ein ehemaliger MiG-21- und IAR.99-Pilot. Von ihm erfahren wir, was auf die große Entfernung nicht zu sehen war: die gestarteten Maschinen sind IAR.99. Die MiGs sind gelandet und fliegen nicht mehr. Wir packen unsere Sachen, laufen zügig zum Auto und verlassen den Ort. Ich setze meinen Begleiter am Bahnhof ab und mache mich auf dem Rückweg. Jetzt nur noch raus aus Rumänien. Diesmal wähle ich die nördliche Route über Piatra Neamt, nicht kürzer, aber viel weniger befahren und dank dreier Gebirgsüberquerungen mit jeder Menge Fahrspaß. Schöner Nebeneffekt der Routenwahl: ich komme nochmals in Cāmpia Turzii vorbei, wo ich am MiG-21-Denkmal für die abgestürzten Piloten meines Freundes Laurenţiu KIRU Chiriţă gedenke und endgültig Abschied nehme von den rumänischen MiG-21.
Rund drei Stunden später stehe ich am Grenzübergang Nădlac. Weitere zwei Stunden später stehe ich immer noch dort. Der schleppende Fortgang der Kontrollen läßt nochmals die Sorge aufkommen, ob denn auch alles glattgeht bei der Ausreise. Doch auf der rumänischen Seite dauert der Blick auf den Ausweis nur ein paar Sekunden. Es sind die Ungarn, die sich so viel Zeit nehmen. Aber egal, ich bin raus. Kurz vor Mitternacht checke ich im Hotel in Szeged ein und falle in einen todesähnlichen Schlaf. Nach einem zünftigen ungarischen Frühstück und einem gehörigen Schreck an der nächsten Tankstelle, weil sich die Zapfpistole nicht in den Tankstutzen einführen läßt (erst die dritte Pistole wird von meinem Auto akzeptiert) fahre ich neun Stunden zumeist durch strömenden Regen, um dann am Abend erschöpft, aber zufrieden zu Hause anzukommen. Trotz aller Widrigkeiten - ich bin froh, daß ich beim Abschied von den rumänischen MiG-21 dabei war.
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