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(Text und Fotos: Autor) Lange Zeit habe ich dem Aussehen der MiG-21 keine Beachtung geschenkt. Ihre äußere Form war mir aus jedem Blickwinkel vertraut, schließlich gab es seit 1988 kaum ein Jahr, in dem ich keine MiG-21 gesehen habe. Seit 1994 ist sogar kein einziges Jahr ohne ein fliegendes Exemplar vergangen. Und speziell im Flug ist die MiG-21 von allen Seiten unverkennbar. Aber erst seit die Tage der MiG-21 zumindest in Europa gezählt sind, habe ich angefangen, genauer hinzuschauen und die vertraute Silhouette wirklich bewußt wahrzunehmen. Tatsächlich ist sie einzigartig, gleichermaßen prägnant und filigran. Von oben und von unten wirkt sie wie ein Pfeil. Daß sie Mach 2 mit einem vergleichsweise schwachen Triebwerk erreicht, sieht man ihr sofort an. Daß die charakteristischen Deltaflügel mit Stabilisatoren (Pendel-Höhenleitwerken) in Pfeilform kombiniert wurden, unterstreicht die Leichtigkeit des Entwurfs, genauso wie der im Vergleich zur Flügeltiefe langgestreckte Rumpf. Von vorn verblüfft die unglaublich kleine Stirnfläche, die es den Gegnern schwer macht, die MiG-21 im Luftkampf überhaupt zu erkennen. Auf größere Entfernung ist höchstens die Rauchschleppe des Triebwerks auszumachen. Erst wenn die MiG-21 recht nahe gekommen ist, sieht man den kreisrunden Rumpf und drei dünne, davon abgehende Linien - zwei Tragflächen und ein hoch aufragendes Seitenleitwerk. Und dieses Bild bleibt auch, wenn sie - zumeist mit hoher Geschwindigkeit - am Beobachter vorbeigeschossen ist. Überhaupt läßt sich die MiG-21, ganz anders als heutige Kampfflugzeuge, auf wenige geometrische Grundformen reduzieren: der Rumpf - ein Zylinder, die Tragflächen - Dreiecke, Höhen- und Seitenleitwerk - Trapeze. Und schließlich das charakteristische Merkmal schlechthin, der Lufteinlaufkonus am Bug - ein Kegel. Lediglich der Rumpfrücken läßt sich nicht so einfach einer Form zuordnen. Vielleicht ist das der Grund, warum seine Gestaltung die MiG-21 so unterschiedlich wirken läßt - mal filigran und mal gedrungen. Bei der technischen Analyse besticht die Einfachheit des Entwurfs, die sich wiederum in der Ästhetik niederschlägt. Die einzige Auftriebshilfe an den Tragflächen sind die rechteckigen Landeklappen. Ansonsten gibt es noch Querruder, Pendel-Höhenruder und Seitenruder, nicht zu vergessen den beweglichen Einlaufkegel und fertig ist die Aerodynamik der MiG-21, die dank fähiger Piloten - so die Erkenntnisse aus dem Constant-Peg-Programm der USAF - in der Lage war, neuere Muster im Luftkampf auszumanövrieren. Die vergleichsweise einfache Auslegung ist auch für einen weiteren typischen MiG-21-Anblick verantwortlich - den bei der Landung. Mit hohem Anstellwinkel, das charakteristische schnörkellose Fahrwerk ausgefahren, stürzt die MiG-21 der Landung entgegen, um in den Händen erfahrener Piloten auf den letzten Metern dann doch noch sanft auszuschweben oder mit einer offensichtlich weniger erfahrenen koreanischen Flugzeugführerin am Steuer hart auf die Piste aufzuprallen. Auch das übersteht die robuste Konstruktion. So sehr der Doppeldeltaflügel aus China zur Verbesserung der Langsamflugeigenschaften beigetragen hat, so sehr hat er das ästhetische Konzept - wenn man es so nennen will - verwässert. Das wird im Anflug deutlich, wo die vergrößerte Spannweite auffällt, macht sich aber vor allem in der Draufsicht bemerkbar, wo die Dynamik der klassischen Pfeilform verlorengegangen ist. Nur das Bild von der Seite bleibt weitgehend unbeeinträchtigt. Nachdem bei den letzten chinesischen Entwicklungen dann auch noch feste Nase und seitliche Lufteinläufe den zentralen Einlaufkonus ersetzen und schließlich sogar noch die Form des Seitenleitwerks geändert wird, sind nur noch bei sehr genauem Hinsehen die MiG-21-Gene zu erkennen. Und selbst an den Doppelsitzern aus chinesischer Produktion, bei denen der klassische Deltaflügel beibehalten, jedoch der Rumpf verlängert wurde, fällt auf, wie perfekt die Proportionen des ursprünglichen sowjetischen Entwurfs waren. Wobei MiG-21 natürlich nicht gleich MiG-21 ist und es im Verlaufe der Entwicklung auffällige äußerliche Änderungen gab, die zwei Bereiche mit entsprechender optischer Wirkung betrafen: den Durchmesser von Lufteinlauf und zugehörigem Konus und den Rumpfrücken. Nach meiner Meinung gab es zwei ästhetische Sternstunden in der Evolution der MiG-21, die am Anfang und am Ende der Entwicklung lagen. Die MiG-21F/F-13, die mit kleinem Lufteinlauf und ohne Kraftstoffbehälter auf dem Rücken fast schon zerbrechlich wirkt. Und die MiG-21bis, die mit großen Einlaufkonus und breiten Rumpfrückenbehälter Kraft ausstrahlt, ohne die klassische Eleganz der MiG-21-typischen Linienführung zu beeinträchtigen. Natürlich ist letztere mein Favorit, schließlich war "meine" Maschine auch eine "bis". So bleibt zu hoffen, daß mir und allen, die sich daran erfreuen können, das einzigartige Bild einer MiG-21 am Himmel noch lange erhalten bleibt - egal ob bei den wenigen verbliebenen militärischen Betreibern oder dank einer Handvoll Maschinen in privaten Händen - eine Ikone des Kalten Krieges mit ikonischem Äußeren. Die nachfolgenden Bilder sprechen für sich ...
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